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50 Jahre Polo – Alt trifft neu

Welch grosse Sprünge der Polo in fünf Jahrzehnten gemacht hat, zeigt eine Gegenüberstellung des ältesten Exemplars der Schweiz mit der aktuellen, sechsten Generation.

Text Reto Neyerlin
Fotos Christof René Schmidt

Der Polo I, der da auf dem Parkplatz des Kleinflughafens Wangen-Lachen am Zürichsee steht, ist ein richtiges Schmuckstück. Das sieht Antonia Gmünder auf den ersten Blick, als sie neben dem roten Oldtimer parkiert. Mit Jahrgang 1975 gehört er zu den ersten Exemplaren überhaupt, die vom Kleinwagen produziert wurden. Bis heute hat Volkswagen das Erfolgsmodell über 20 Millionen Mal gebaut.

Antonia Gmünder selbst fährt in einem weissen Polo der sechsten Generation vor, den die Leichtathletin von ihrem Mobilitätspartner GNG AG in Gossau gestellt bekommt. Exakt 50 Jahre liegen zwischen den beiden Modellen. Und sie zeigen exemplarisch, wie sich die automobile Technik in diesem Zeitraum entwickelt hat: Während der Polo I mit 3,50 Metern der damals kleinste Volkswagen war, kommt die aktuelle Generation auf 4,05 Meter – und ist damit länger als die ersten drei Golf-Generationen. Das Gewicht des kleinen Kompakten wuchs in fünf Jahrzehnten von 685 Kilogramm auf 1244 Kilogramm an. Und statt eines 0,9-Liter-Motors mit 40 PS arbeitet unter der Motorhaube des Polo VI ein 1.0-TSI mit 116 PS, geschaltet wird automatisch per Doppelkupplungsgetriebe.

Karge Ausstattung im Polo I

Augenscheinlich ist der Fortschritt auch bei Komfort und Sicherheit. Denn was der Polo I bietet, ist höchst rudimentär. Servolenkung hat der Oldtimer genauso wenig wie Airbags oder Kopfstützen. Der Warnblinker wird, wie die Hupe, über einen Hebel am Lenkrad betätigt. Eine Heizung ist zwar vorhanden, diese besitzt aber nur eine Lüftungsstufe. «Der einzige Luxus meines Basis-Modells ist das Radio», sagt Besitzer Corsin Mächler schmunzelnd. Dieser Minimalismus macht für ihn jedoch die Faszination des Klassikers aus.

Der 34-jährige Schwyzer hat seinen Polo I mit Produktionsjahr 1975 vor sechs Jahren für 7500 Franken erworben. Seither hat er den Motor revidiert, diverse Kleinigkeiten restauriert und ihn als Veteranenfahrzeug angemeldet. «Die meisten Sachen am Auto mache ich selbst», erklärt der gelernte Flugzeugspengler und heutige Wirtschaftsingenieur, der für eine Glarner Firma Seilbahn-Projekte auf der ganzen Welt betreut. Seinen Polo I nutzt er vornehmlich als Sonntagsauto: Gekauft mit 69 500 Kilometern, steht der Tacho inzwischen bei 74 500.

Auf dem neusten Stand

Auf einem ganz anderen technischen Niveau präsentiert sich der aktuelle Polo von Antonia Gmünder. Hinter dem Lenkrad erscheint nach dem Anlassen ein voll digitales Cockpit, mittig sitzt das Touch-Display des Infotainment-Systems. Von den zahlreichen Assistenzsystemen schätzt die Leichtathletin vor allem den Tempowarner: «Da ich auch auf der Strasse eher sportlich unterwegs bin, hat er mich schon ein paar Mal vor Bussen bewahrt». Ebenfalls nützlich findet sie die automatische Distanzregelung. Und mit App-Connect kann sie auf ihre Musik vom Handy zugreifen.

Das Auto ist praktisch ihr zweites Wohnzimmer: «2000 Kilometer pro Monat mache ich damit locker». Kein Wunder bei ihrem vollgepackten Alltag. Nebst zahlreichen Wettkämpfen trainiert Antonia Gmünder bis zu 16 Stunden wöchentlich, arbeitet in einem 70-Prozent-Pensum als KV-Berufsbildnerin und studiert daneben an einer Fernfachhochschule Wirtschaft und Sportmanagement. «Das tönt sehr streng und ist es auch. Ich mache aber alles total gerne, und Disziplin habe ich durch den Sport gelernt», sagt die 23-Jährige, die Leichtathletik betreibt, seit sie neun ist, und inzwischen zu den zehn besten Mehrkämpferinnen der Schweiz gehört.

Ältester fahrtüchtiger Polo

Auch Corsin Mächler war als Jugendlicher von der Leichtathletik begeistert. Heute gilt seine Leidenschaft aber mehr historischen Autos. Er ist entsprechend stolz auf seinen Polo I, der ein echtes Einzelstück ist: «Soweit ich weiss, besitze ich das letzte fahrtüchtige Exemplar mit Produktionsjahr 1975 in der Schweiz.» Es hat einige Besonderheiten zu bieten, die nur die allerersten Modelle vorweisen können. Details wie die kantigen Ecken des Dachs oder die Lüftungslöcher hinter der Stossstange wurden bereits nach wenigen Monaten Produktionszeit abgeändert. Auch die Heckscheibe ohne Heizung und Scheibenwischer erhielt rasch eine Aufwertung.

Antonia Gmünder hört interessiert zu, während sie zusammen um das Auto gehen und Corsin ihr die Details zeigt. Die Welt der Oldtimer ist neu für sie, auch gefahren ist sie noch nie einen. Das ändert sich nun, denn Corsin Mächler lädt sie ein, in seinem Polo eine Runde zu drehen. Nach einer kurzen Einführung nimmt sie etwas nervös auf dem Fahrersitz Platz, zieht den Choke-Zug und gibt beim Starten ein paar Gasstösse. Der 1975er-Polo springt sofort an – «wie er das immer tut», so Corsin. Die Sportlerin gewöhnt sich schnell an das ungewohnte Fahrverhalten. Nach fünf Minuten steigt sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht aus dem Klassiker aus. «Das ist wirklich mal was Anderes. Ich bevorzuge dennoch den Komfort meines neuen Polo.»

Sondermodell Polo «Edition 50»

Fünf Jahrzehnte wollen gefeiert sein: Zum Jubiläum des Polo lanciert Volkswagen das Sondermodell «Edition 50» – mit einer besonders umfangreichen Serienausstattung und speziellen Designelementen. Zu den Extras zählen ein Chrom-Paket, Ambiente-Beleuchtung, beheizbare Sportsitze vorn, Multifunktions-Lederlenkrad und Rückfahrkamera. Das Assistenzsystem-Paket «Park & Comfort gehört ebenso zur Ausstattung wie das Infotainment-System «Discover Media» und die Fahrprofil-Auswahl. Diverse Edition-50-Schriftzüge weisen auf das Jubiläum hin. Das Sondermodell ist mit 95 PS oder 116 PS samt 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG bestellbar.

VW Polo Edition 50, 95 PS, 7-Gang-DSG, 5.7l/100km, 131 g CO2/km, Kat. E

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